Im bunten Völkergemisch Namibias nehmen die Rehobother Baster eine besondere Stellung ein. Und das nicht nur, weil sie als die konservativste Volksgruppe im Land gelten. Dabei wird diese Bezeichnung, die in deutschen Ohren wie ein Schimpfwort klingt, von ihnen selbst mit großem Stolz benutzt. Über Jahrhunderte galten sie als eine Art geschlossene Gesellschaft. Eine Charakterisierung, die auf den inneren Zusammenhalt der Bastergemeente (Bastergemeinschaft) bis heute in starkem Maß zutrifft. Ihre Beziehungen nach außen haben sich da schon eher den modernen Zeiten angepasst. Heute mögen es rund 30 000 Baster sein, die so wie schon ihre Vorfahren eine streng patriarchalische Ordnung und einen typisch westlichen Lebensstil pflegen. Um das Selbstverständnis dieser Menschen zu begreifen, muss man einen Blick in ihre Geschichte werfen.
Als in der Mitte des 17. Jh. Holländer am Kap der guten Hoffnung landeten und mit der weißen Besiedlung Südafrikas begannen, gab es kaum Frauen, die diese beschwerliche Reise auf sich nahmen. So suchten sich die Neuankömmlinge einheimische Khosian-Frauen aus. Die Folge waren Mischlingskinder, so genannte Bastarde (Baster). Je nach ihrer Farbe wurden sie mehr zur weißen Gemeinschaft oder zu den Coloureds gezählt. Doch sie wollten immer als Weiße gesehen werden und übernahmen die Sprache und die Religion der ersten Siedler. Die alten Familiennamen wurden stolz bewahrt und über die Jahrhunderte weitergegeben. Bereits Mitte des 19. Jh. nannten sich über 5000 Menschen Baster.
Um Konfrontationen mit den neu ankommenden Weißen zu vermeiden, zogen sie immer weiter nach Norden und gelangten 1871 nach Rehoboth, wo sie von den Nama Land pachteten bzw. kauften. Sie gaben sich eine eigene Verfassung und wählten Hermanus van Wyk zu ihrem Kapitän. Während der deutschen Kolonialzeit standen sie stets loyal hinter den Kolonialherren und schlössen sogar mit dem Deutschen Reich einen Schutz- und Freundschaftsvertrag. So erhielten sie sich ihre relative Unabhängigkeit. Als Hermanus van Wyk 1905 starb und die Deut-schen die Baster nicht mehr als loyale Partner brauchten, schaffte die Kolonialmacht kurzerhand den Kapitänsstatus ab. Das führte zu Spannungen. Doch der Drang nach Unabhängigkeit blieb erhalten. 1924 versuchten die Baster erneut, dieses Mal gegen die südafrikanische „Schutzmacht“, ihre Unabhängigkeit zu erzwingen. Erfolglos. Erst 1979 wurde Rehoboth wieder zum Staat im Staat. Mit der Schaffung von Homelands wurde ihnen ein Großteil der erstrebten Selbstbestimmung gewährt. Heute, 14 Jahre nach der Unabhängigkeit Namibias, schwelen noch immer Prozesse und andere Streitigkeiten zwischen Bastern und Regierung um die rund 100 000 ha Basterland, die zum Staatsgebiet erklärt wurden, sowie um Fragen der Selbstverwaltung. Auch nach 150 Jahren Ringen um Selbstbestimmung haben die Baster ihren Stolz nicht aufgegeben. Wer durch Rehoboth nicht nur durchfährt, kann sich davon selbst davon überzeugen.
Quelle: Dumont Reiseführer